Prokura
Die Prokura ist eine das Außenverhältnis betreffende, handelsrechtliche Vollmacht besonderer Art, deren Umfang grundsätzlich nicht vom Vollmachtgeber, sondern im Interesse des Rechtsverkehrs vom Gesetz bestimmt wird (§§ 49, 50 HGB). Da der Umfang der Prokura sehr weitgehend ist, kann nur ein Kaufmann einen Prokuristen bestellen und dies auch nur durch persönliche und ausdrückliche Erklärung (Prokuraerteilung durch Vertreter des Geschäftsinhabers oder eine stillschweigende Bestellung sind nicht möglich).
1. HANDELSREGISTERANMELDUNG
Die Prokura und ihr Erlöschen ist vom Inhaber des Handelsgeschäfts, bei Handelsgesellschaften von den Vertretungsorganen, zum Handelsregister anzumelden. Der Prokurist hat seine Namensunterschrift unter Angabe der Firma mit Prokuristenzusatz ("ppa") zur Aufbewahrung beim Handelsregister zu zeichnen. Ins Handelsregister anzumelden und einzutragen sind auch zulässige Erweiterungen und Beschränkungen der Prokura (s.u.), die Befugnis zum Selbstkontrahieren und die Gesamtprokura.
2. FORMEN DER PROKURA
Einzelprokura: Eine Person ist allein vertretungsberechtigt.
Gesamtprokura: Der Geschäftsherr kann Prokura auch an mehrere Personen gemeinschaftlich erteilen; dann sind diese nur gemeinschaftlich befugt, den Geschäftsherrn zu vertreten. Die Prokura kann auch in der Weise beschränkt werden, dass der Prokurist nur gemeinsam mit einem Ver-tretungsorgan einer Handelsgesellschaft vertretungsberechtigt ist ("unechte Gesamtprokura").
Filialprokura: Die Prokura wird vom Geschäftsherrn auf den Betrieb einer von mehreren Niederlassungen beschränkt. Voraussetzung ist, daß der Geschäftsherr ein Handelsgewerbe mit mehreren Filialen unter verschiedenen Firmen führt (Zweigniederlassungszusatz genügt).
Generalprokura: Prokura wird für alle Niederlassungen des Kaufmanns erteilt.
3. UMFANG DER PROKURA
Der Umfang der Prokura ist gesetzlich festgelegt und Dritten gegenüber nicht beschränkbar (wohl aber im Innenverhältnis). Die Vollmacht umfaßt alle Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt. Der Prokurist kann also Geschäfte jeder Art abschließen und ist nicht auf gewöhnliche Geschäfte beschränkt (er kann z.B. im Namen des Kaufmanns Prozesse führen, Forderungen erlassen, Darlehen aufnehmen oder Wechselverbindlichkeiten eingehen). Der Umfang der Prokura ist nicht durch das konkrete Handelsgewerbe des Geschäftsherrn begrenzt, vielmehr deckt die Prokura alle Geschäfte, die zum Betrieb irgendeines Handelsgewerbes gehören.
Sofern er zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt ist, gilt für einen Projuristen das Kündigungsschutzgesetz nur eingeschränkt (grundlose Beendigung gegen Abfindung, §§ 14 Abs. 2 KSchG, 9 Abs. 1 S. 2 KSchG).
4. GRENZEN DER PROKURA
Der Umfang der Prokura ist aber gesetzlich eingeschränkt. So ist der Prokurist zur Veräußerung und Belastung von Grundstücken nur befugt, wenn er dazu vom Betriebsinhaber besonders bevollmächtigt wurde (sog. "Grundstücksklausel"). Auch können die den Kaufmann persönlich zugewiesenen Geschäfte (sog. "Prinzipalgeschäfte") vom Prokuristen nicht vorgenommen werden, z.B. die Anmeldung und Zeichnung der Firma zum Handelsregister, die Unterzeichnung des Jahresabschlusses und die Prokuraerteilung. Schließlich sind auch Geschäfte von der Prokura nicht gedeckt, die außerhalb eines Handelsgewerbes liegen. Dies sind regelmäßig Privatgeschäfte des Kaufmanns sowie Grundlagengeschäfte, bei denen die Grundlagen des kaufmännischen Unternehmens betroffen sind (Unternehmensveräusserung, Geschäftsaufgabe, Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, Änderung des Gesellschaftsvertrages etc.)
5. ERLÖSCHEN DER PROKURA
Die Prokura erlischt durch Widerruf des Geschäftsherrn gegenüber dem Prokuristen oder gegenüber dem Dritten. Öffentliche Bekanntmachung des Widerrufs genügt ebenfalls. Der Widerruf ist grundsätzlich jederzeit ohne besonderen Grund möglich (Ausnahme: Bei Prokuraerteilung an einen stillen Ge-sellschafter, Kommanditisten oder einen von der Vertretung ausgeschlossenen persönlichhaftenden Gesellschafter ist aufgrund Gesellschaftsvertrag ein wichtiger Grund erforderlich).
Regelmäßig erlischt die Prokura mit Beendigung des Grundverhältnisses (z.B. Arbeitsvertrag) zwischen Prokurist und Geschäftsherr. Jedoch kann die Prokura auch für längere oder kürzere Zeit erteilt werden.
Weiterer Erlöschensgrund ist der Tod des Prokuristen (Prokura ist weder übertragbar noch vererblich). Der Tod des Geschäftsherrn führt dagegen i.d.R. nicht zum Erlöschen der Prokura (sog. post-mortale Vollmacht). Der Prokurist vertritt dann die Erben.
Schließlich erlischt die Prokura bei Verlust der Kaufmannseigenschaft.