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Widerspruchsverfahren gegen Markenanmeldungen vor dem EUIPO und DPMA

Das Widerspruchsverfahren gegen Markenanmeldungen ist ein zentrales Instrument des Markenrechts in der Europäischen Union und Deutschland, um die Rechte bestehender Markeninhaber zu schützen. Es ermöglicht Inhabern älterer Marken, gegen die Eintragung neuer Marken vorzugehen, die ihre älteren Rechte verletzen könnten. Dieser Artikel gibt einen umfassenden Überblick über das Widerspruchsverfahren vor dem Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) und dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA), einschließlich der Rechte, aus denen ein Widerspruch hervorgehen kann, der Verfahrensdauer, Kosten, Kostenerstattung und den Erfolgsfaktoren eines Widerspruchs.

Rechte, aus denen vorgegangen werden kann

Ein Widerspruch gegen eine Markenanmeldung kann auf verschiedene ältere Rechte gestützt werden. Zu den wichtigsten gehören:

  1. Ältere eingetragene Markenrechte:
    • EU-Marken (Unionsmarken): Marken, die beim EUIPO registriert sind und Schutz in allen EU-Mitgliedstaaten genießen.
    • Nationale Marken: Marken, die bei den nationalen Markenämtern der EU-Mitgliedstaaten eingetragen sind.
    • Internationale Marken: Marken, die gemäß dem Madrider Abkommen oder dem Protokoll zum Madrider Abkommen mit Schutzwirkung in der EU oder bestimmten EU-Mitgliedstaaten registriert sind.
  2. Nicht eingetragene Markenrechte:
    • Benutzungsmarken: Marken, die durch tatsächliche Benutzung im geschäftlichen Verkehr Schutz genießen, auch wenn sie nicht formal eingetragen sind. 

  3. Weitere ältere Rechte:
    • Geschäftsbezeichnungen: Unternehmenskennzeichen und Geschäftsbezeichnungen, die im geschäftlichen Verkehr verwendet werden.
    • Geografische Angaben und Ursprungsbezeichnungen: Namen, die auf geografische Herkunft und besondere Qualität oder Charakteristik von Produkten hinweisen und die durch EU-Verordnungen geschützt sind.
    • Bekannte Marken: Marken, die aufgrund ihrer Bekanntheit in einem Mitgliedstaat oder der EU einen erweiterten Schutz genießen.

Verfahrensdauer

Die Verfahrensdauer eines Widerspruchs kann variieren, abhängig von der Komplexität des Falls und der Arbeitsbelastung der jeweiligen Behörde. Generell lässt sich die Verfahrensdauer wie folgt einschätzen:

  • EUIPO: Das Widerspruchsverfahren vor dem EUIPO dauert in der Regel zwischen 8 und 18 Monaten. Diese Zeitspanne umfasst die Einreichung des Widerspruchs, die Prüfung und die Entscheidung durch die Widerspruchsabteilung. Es können jedoch Verzögerungen auftreten, wenn beispielsweise die Parteien Fristverlängerungen beantragen oder zusätzliche Beweismittel eingereicht werden.
  • DPMA: Vor dem DPMA kann die Dauer des Widerspruchsverfahrens zwischen 12 und 24 Monaten betragen. Auch hier hängt die Dauer von verschiedenen Faktoren ab, wie etwa der Komplexität des Falls und der Notwendigkeit weiterer Stellungnahmen oder Beweismittel.

Kosten

Die Kosten für ein Widerspruchsverfahren setzen sich aus verschiedenen Gebühren und Aufwendungen zusammen:

  • EUIPO:
    • Die Widerspruchsgebühr beträgt derzeit 320 EUR.
    • Zusätzlich zu den amtlichen Gebühren können Kosten für die Rechtsberatung und Vertretung anfallen, die je nach Komplexität des Falls variieren.
  • DPMA:
    • Die Widerspruchsgebühr beim DPMA beträgt 120 EUR.
    • Auch hier sind die Kosten für Rechtsberatung und -vertretung zu berücksichtigen, die je nach Aufwand unterschiedlich ausfallen können.

Prozess des Widerspruchsverfahrens

Widerspruchsfristen

DPMA

Die Widerspruchsfrist beim DPMA beträgt drei Monate ab dem Veröffentlichungsdatum der Markeneintragung im Markenblatt. Es ist entscheidend, diese Frist genau zu überwachen, da ein verspäteter Widerspruch unzulässig ist und die Marke eingetragen bleibt.

EUIPO

Auch beim EUIPO beträgt die Frist zur Einlegung eines Widerspruchs drei Monate ab dem Veröffentlichungsdatum der angemeldeten Marke im „Bulletin der Unionsmarken“.

Cool-off-Period im EUIPO-Verfahren

Im Widerspruchsverfahren vor dem EUIPO gibt es eine sogenannte „Cool-off-Period“ von zwei Monaten, die auf Antrag beider Parteien um bis zu 24 Monate verlängert werden kann. Diese Periode dient dazu, den Parteien Zeit für Verhandlungen und eine mögliche gütliche Einigung zu geben, bevor das eigentliche Widerspruchsverfahren beginnt. Erfolgt eine Einigung innerhalb der Cooling Off Frist wird die Widerspruchsgebühr erstattet.

Einreichung des Widerspruchs

Der Widerspruch muss innerhalb der Frist bei der zuständigen Behörde eingereicht werden, zusammen mit der Begründung und den entsprechenden Nachweisen.

Vorverfahren

Die Behörde prüft die formellen Voraussetzungen des Widerspruchs und fordert gegebenenfalls weitere Unterlagen an.

Hauptverfahren

Beide Parteien, der Widersprechende und der Anmelder der neuen Marke, haben die Möglichkeit, Stellungnahmen und Beweismittel einzureichen. Die Behörde bewertet die Argumente und Beweise beider Seiten.

Entscheidung

Die Behörde trifft eine Entscheidung basierend auf den vorgelegten Informationen. Diese Entscheidung kann von beiden Parteien angefochten werden.

Kostenerstattung

Im Falle eines erfolgreichen Widerspruchs kann die unterlegene Partei zur Kostenerstattung verpflichtet werden. Die Regelungen zur Kostenerstattung unterscheiden sich zwischen dem EUIPO und dem DPMA:

  • EUIPO: Das EUIPO kann der unterlegenen Partei die Erstattung der Kosten auferlegen, die für die Einreichung des Widerspruchs und die Rechtsvertretung entstanden sind. Die erstattungsfähigen Kosten sind jedoch gedeckelt, um exzessive Forderungen zu vermeiden.
  • DPMA: Auch das DPMA kann der unterlegenen Partei die Erstattung der Kosten auferlegen, jedoch sind die erstattungsfähigen Kosten in der Regel auf die amtlichen Gebühren und einen angemessenen Anteil der Anwaltskosten beschränkt. Die Kostenerstattung findet in der Regel nicht statt.

Gründe für einen erfolgreichen Widerspruch

Ein Widerspruch kann aus verschiedenen Gründen erfolgreich sein. Die wichtigsten Gründe umfassen:

  1. Verwechslungsgefahr:
    • Ein Widerspruch ist erfolgreich, wenn zwischen der älteren Marke und der angemeldeten Marke Verwechslungsgefahr besteht. Dies wird anhand der Ähnlichkeit der Zeichen und der Waren bzw. Dienstleistungen beurteilt. Entscheidend ist, ob das Publikum glauben könnte, dass die Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen.
  2. Bekanntheit der älteren Marke:
    • Wenn die ältere Marke eine bekannte Marke ist, genießt sie einen erweiterten Schutz. In diesem Fall kann ein Widerspruch auch dann erfolgreich sein, wenn keine direkte Verwechslungsgefahr besteht, aber die Nutzung der jüngeren Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ausnutzt oder beeinträchtigt.
  3. Schutzrechte für geografische Angaben:
    • Ein Widerspruch kann erfolgreich sein, wenn die angemeldete Marke eine geografische Angabe oder Ursprungsbezeichnung verletzt, die durch EU-Verordnungen geschützt ist. Dies ist insbesondere bei Marken relevant, die auf die Herkunft oder Qualität von Produkten hinweisen.
  4. Schutz von Geschäftsbezeichnungen:
    • Ein Widerspruch kann auch dann Erfolg haben, wenn die angemeldete Marke eine Geschäftsbezeichnung verletzt, die im geschäftlichen Verkehr verwendet wird und einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht hat.

Verteidigungsstrategien für den Anmelder

Erfolgsfaktoren eines Widerspruchs

Die Erfolgsaussichten eines Widerspruchs hängen maßgeblich von der Qualität und Vollständigkeit der eingereichten Unterlagen sowie von der Argumentation ab. Ein fundierter Widerspruch beinhaltet:

  • Eine detaillierte Analyse der Ähnlichkeit der Marken
  • Die Darstellung der Verwechslungsgefahr
  • Gegebenenfalls die Beweisführung zur Bekanntheit der älteren Marke

Nichtbenutzungseinwand

Die Einrede der Nichtbenutzung ist eine Verteidigungsstrategie, die der Anmelder der neuen Marke im Widerspruchsverfahren erheben kann. Hierbei wird bestritten, dass die Widerspruchsmarke tatsächlich genutzt wurde. Der Widersprechende muss daraufhin nachweisen, dass die Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Widerspruchsdatum in dem relevanten Gebiet ernsthaft benutzt wurde. Dieser Nachweis kann durch Vorlage von Verkaufszahlen, Werbeausgaben, Produktverpackungen, Etiketten oder anderen Belegen erfolgen, die die Nutzung der Marke dokumentieren.

Die Einrede der Nichtbenutzung kann nur dann erfolgreich erhoben werden, wenn die angegriffene Marke zum Zeitpunkt der Anmeldung der neuen Marke bereits seit mindestens fünf Jahren eingetragen ist. Sollte dies nicht der Fall sein, ist die Einrede der Nichtbenutzung nicht zulässig und der Widersprechende muss keine Benutzungsnachweise erbringen.

Koexistenzvereinbarung

Die Parteien können eine Vereinbarung treffen, um die parallele Nutzung beider Marken zu ermöglichen und den Widerspruch zurückzuziehen. Meist wird dazu das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis eingeschränk und zugesichert, die Marke nur für die eingetragenen Waren und Dienstleistungen zu nutzen.

Fazit

Das Widerspruchsverfahren gegen Markenanmeldungen vor dem EUIPO und dem DPMA ist ein effektives Mittel zum Schutz der Rechte bestehender Markeninhaber. Es ermöglicht den Inhabern älterer Marken, gegen die Eintragung neuer Marken vorzugehen, die ihre Rechte verletzen könnten. Die Erfolgsaussichten eines Widerspruchs hängen von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich der Ähnlichkeit der Zeichen, der Bekanntheit der älteren Marke und der konkreten Umstände des Einzelfalls.

Die Verfahrensdauer und Kosten eines Widerspruchsverfahrens variieren, wobei sowohl beim EUIPO als auch beim DPMA die Möglichkeit zur Kostenerstattung besteht. Ein erfolgreicher Widerspruch setzt in der Regel eine gründliche Vorbereitung und eine fundierte rechtliche Argumentation voraus, weshalb die Hinzuziehung eines erfahrenen Markenrechtsanwalts empfehlenswert ist.

Durch das Widerspruchsverfahren wird nicht nur der Schutz bestehender Markenrechte gewährleistet, sondern auch die Integrität des Markensystems insgesamt gestärkt. Markeninhaber sollten daher ihre Rechte regelmäßig überwachen und im Falle einer möglichen Verletzung schnell handeln, um ihre Marken wirksam zu schützen.

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