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Gründung einer Tochtergesellschaft vs. Errichtung einer Niederlassung in Deutschland

Deutschland ist ein attraktiver Standort für ausländische Unternehmen, die ihre Geschäftsaktivitäten in Europa ausweiten möchten. Die Wahl zwischen der Gründung einer Tochtergesellschaft und der Errichtung einer Niederlassung ist eine der zentralen Entscheidungen, die Unternehmen treffen müssen, wenn sie den deutschen Markt betreten. Beide Strukturen bieten spezifische Vor- und Nachteile, und die beste Wahl hängt von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich der langfristigen Geschäftsziele, der steuerlichen und rechtlichen Überlegungen sowie der operativen Bedürfnisse des Unternehmens. In diesem umfassenden Artikel werden die Unterschiede, Vor- und Nachteile sowie die rechtlichen und steuerlichen Aspekte der Gründung einer Tochtergesellschaft und der Errichtung einer Niederlassung in Deutschland detailliert untersucht.

1. Definitionen und grundlegende Unterschiede

Tochtergesellschaft

Eine Tochtergesellschaft ist eine rechtlich eigenständige juristische Person, die von einem Mutterunternehmen (der ausländischen Gesellschaft) gegründet wird. In Deutschland kann eine Tochtergesellschaft in verschiedenen Rechtsformen gegründet werden, wobei die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) die am häufigsten gewählte Form ist.

Merkmale einer Tochtergesellschaft:

  • Rechtliche Selbstständigkeit: Eine Tochtergesellschaft ist eine eigenständige juristische Person, die unabhängig vom Mutterunternehmen operiert.
  • Eigene Buchführung: Sie führt eine eigene Buchführung und muss eigene Jahresabschlüsse erstellen.
  • Eigene Haftung: Die Haftung der Tochtergesellschaft ist auf ihr Gesellschaftsvermögen beschränkt.

Niederlassung

Eine Niederlassung (auch Zweigniederlassung genannt) ist keine eigenständige juristische Person, sondern eine unselbständige Einheit des Mutterunternehmens. Es handelt sich um eine organisatorische Erweiterung des ausländischen Unternehmens, das weiterhin alle rechtlichen und finanziellen Verpflichtungen der Niederlassung trägt.

Merkmale einer Niederlassung:

  • Rechtliche Unselbständigkeit: Eine Niederlassung ist keine eigene juristische Person, sondern ein Teil des Mutterunternehmens.
  • Buchführung: Die Buchführung der Niederlassung wird in der Regel im Rahmen der Buchführung des Mutterunternehmens geführt.
  • Haftung: Das Mutterunternehmen haftet für alle Verpflichtungen der Niederlassung.

2. Gründung einer Tochtergesellschaft

Gründungsverfahren

Die Gründung einer Tochtergesellschaft in Deutschland erfordert mehrere rechtliche und administrative Schritte:

  1. Wahl der Rechtsform: Die häufigste Rechtsform für Tochtergesellschaften ist die GmbH. Alternativ kann auch eine Aktiengesellschaft (AG) oder eine Unternehmergesellschaft (UG) gegründet werden.
  2. Erstellung des Gesellschaftsvertrags: Der Gesellschaftsvertrag (Satzung) muss notariell beurkundet werden.
  3. Eintragung ins Handelsregister: Die Gesellschaft muss beim zuständigen Handelsregister angemeldet und eingetragen werden.
  4. Kapitalaufbringung: Das Mindestkapital für eine GmbH beträgt 25.000 Euro, von denen mindestens die Hälfte eingezahlt werden muss.
  5. Geschäftsadresse und Geschäftsführer: Die Gesellschaft benötigt eine Geschäftsadresse in Deutschland und einen oder mehrere Geschäftsführer.
  6. Steuerliche Registrierung: Die Tochtergesellschaft muss beim Finanzamt registriert und eine Steuernummer sowie ggf. eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) beantragt werden.

Vorteile der Tochtergesellschaft

  1. Rechtliche Unabhängigkeit: Als eigenständige juristische Person kann die Tochtergesellschaft unabhängig vom Mutterunternehmen Verträge abschließen und haftet nur mit ihrem eigenen Vermögen.
  2. Lokale Präsenz: Eine Tochtergesellschaft signalisiert eine starke und langfristige Präsenz auf dem deutschen Markt, was das Vertrauen von Kunden und Geschäftspartnern stärkt.
  3. Flexibilität: Die Tochtergesellschaft kann eigene Geschäftsstrategien entwickeln und umsetzen, die an die lokalen Marktbedingungen angepasst sind.
  4. Steuerliche Vorteile: Tochtergesellschaften können von verschiedenen steuerlichen Anreizen und Abschreibungsmöglichkeiten in Deutschland profitieren.

Nachteile der Tochtergesellschaft

  1. Gründungskosten: Die Gründung einer Tochtergesellschaft ist mit höheren Kosten verbunden, einschließlich Notargebühren, Eintragungskosten und Anwaltsgebühren.
  2. Buchführung und Berichterstattung: Tochtergesellschaften unterliegen strengen Buchführungs- und Berichterstattungspflichten, was zusätzlichen administrativen Aufwand bedeutet.
  3. Verwaltungskosten: Der Betrieb einer eigenständigen juristischen Person erfordert eine eigene Verwaltung, was zusätzliche Kosten verursachen kann.

3. Errichtung einer Niederlassung

Gründungsverfahren

Die Errichtung einer Niederlassung in Deutschland ist weniger formalisiert als die Gründung einer Tochtergesellschaft, aber dennoch mit bestimmten Anforderungen verbunden:

  1. Anmeldung: Die Niederlassung muss bei der örtlichen Industrie- und Handelskammer (IHK) sowie beim Handelsregister angemeldet werden.
  2. Geschäftsadresse und Niederlassungsleiter: Die Niederlassung benötigt eine Geschäftsadresse in Deutschland und einen Niederlassungsleiter.
  3. Buchführung: Die Buchführung der Niederlassung erfolgt in der Regel im Rahmen der Buchführung des Mutterunternehmens, muss aber den deutschen Vorschriften entsprechen.
  4. Steuerliche Registrierung: Die Niederlassung muss beim Finanzamt registriert und eine Steuernummer sowie ggf. eine USt-IdNr. beantragt werden.

Vorteile der Niederlassung

  1. Einfache Gründung: Die Errichtung einer Niederlassung erfordert weniger formale Schritte und geringere Kosten im Vergleich zur Gründung einer Tochtergesellschaft.
  2. Geringere Verwaltungskosten: Da die Niederlassung keine eigenständige juristische Person ist, sind die laufenden Verwaltungskosten in der Regel niedriger.
  3. Direkte Kontrolle: Das Mutterunternehmen behält die volle Kontrolle über die Geschäftstätigkeiten der Niederlassung, was eine einheitliche Unternehmenspolitik erleichtert.
  4. Steuerliche Transparenz: Gewinne und Verluste der Niederlassung werden direkt in die Steuererklärung des Mutterunternehmens einbezogen, was die steuerliche Verwaltung vereinfachen kann.

Nachteile der Niederlassung

  1. Unbeschränkte Haftung: Das Mutterunternehmen haftet uneingeschränkt für die Verbindlichkeiten der Niederlassung, was ein höheres finanzielles Risiko darstellt.
  2. Geringere Marktwahrnehmung: Eine Niederlassung kann von Kunden und Geschäftspartnern als weniger stark verankert im deutschen Markt wahrgenommen werden, was das Vertrauen beeinträchtigen kann.
  3. Eingeschränkte Flexibilität: Die Niederlassung ist stärker an die zentralen Vorgaben des Mutterunternehmens gebunden, was die Anpassung an lokale Marktbedingungen erschweren kann.
  4. Buchführungspflichten: Trotz der Integration in die Buchführung des Mutterunternehmens müssen die Buchführungsunterlagen den deutschen Vorschriften entsprechen, was zusätzlichen Aufwand bedeutet.

4. Steuerliche Aspekte

Die steuerlichen Auswirkungen sind ein wesentlicher Faktor bei der Entscheidung zwischen der Gründung einer Tochtergesellschaft und der Errichtung einer Niederlassung.

Tochtergesellschaft

Eine Tochtergesellschaft in Deutschland wird als eigenständige steuerpflichtige Einheit betrachtet. Die wichtigsten steuerlichen Aspekte sind:

  1. Körperschaftsteuer: Die Tochtergesellschaft unterliegt der Körperschaftsteuer (KSt) in Höhe von 15 % auf ihren Gewinn.
  2. Gewerbesteuer: Zusätzlich fällt Gewerbesteuer an, deren Höhe je nach Gemeinde variiert (durchschnittlich etwa 14 %).
  3. Umsatzsteuer: Die Tochtergesellschaft ist umsatzsteuerpflichtig und muss regelmäßig Umsatzsteuervoranmeldungen abgeben.
  4. Verrechnungspreise: Transaktionen zwischen der Tochtergesellschaft und dem Mutterunternehmen müssen zu marktüblichen Bedingungen erfolgen und dokumentiert werden, um steuerliche Anpassungen zu vermeiden.

Niederlassung

Eine Niederlassung wird steuerlich als unselbständige Einheit des Mutterunternehmens behandelt. Die wichtigsten steuerlichen Aspekte sind:

  1. Gewerbesteuer: Die Niederlassung unterliegt der Gewerbesteuer, ähnlich wie eine Tochtergesellschaft.
  2. Umsatzsteuer: Die Niederlassung ist ebenfalls umsatzsteuerpflichtig und muss Umsatzsteuervoranmeldungen abgeben.
  3. Verrechnungspreise: Auch bei Niederlassungen müssen Transaktionen zu marktüblichen Bedingungen erfolgen, insbesondere bei internen Leistungsverrechnungen.
  4. Doppelbesteuerung: Gewinne der Niederlassung werden in der Regel im Heimatland des Mutterunternehmens besteuert, es sei denn, es besteht ein Doppelbesteuerungsabkommen, das die Steuerlast aufteilt oder verringert.

5. Rechtliche Aspekte

Die rechtlichen Anforderungen und Implikationen sind ein weiterer wichtiger Faktor bei der Entscheidung zwischen einer Tochtergesellschaft und einer Niederlassung.

Tochtergesellschaft

  1. Gesellschaftsrecht: Eine Tochtergesellschaft unterliegt den deutschen Gesellschaftsrechtsvorschriften, einschließlich des GmbH-Gesetzes (für GmbHs) oder des Aktiengesetzes (für AGs).
  2. Arbeitsrecht: Die Tochtergesellschaft muss deutsches Arbeitsrecht anwenden, einschließlich der Regelungen zu Arbeitsverträgen, Kündigungsschutz und Mitbestimmung.
  3. Vertragsrecht: Als eigenständige juristische Person kann die Tochtergesellschaft selbständig Verträge abschließen und ist rechtlich für die Erfüllung dieser Verträge verantwortlich.
  4. Insolvenzrecht: Im Falle einer Insolvenz unterliegt die Tochtergesellschaft dem deutschen Insolvenzrecht.

Niederlassung

  1. Gesellschaftsrecht: Eine Niederlassung unterliegt den Rechtsvorschriften des Mutterunternehmens sowie den spezifischen deutschen Vorschriften für Niederlassungen.
  2. Arbeitsrecht: Auch die Niederlassung muss deutsches Arbeitsrecht anwenden.
  3. Vertragsrecht: Verträge werden im Namen des Mutterunternehmens abgeschlossen, das somit auch rechtlich verantwortlich ist.
  4. Insolvenzrecht: Im Falle einer Insolvenz des Mutterunternehmens können auch die Vermögenswerte der Niederlassung betroffen sein.

6. Operative Aspekte

Operative Überlegungen spielen ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Entscheidung zwischen einer Tochtergesellschaft und einer Niederlassung.

Tochtergesellschaft

  1. Management: Eine Tochtergesellschaft kann ein eigenes Management-Team haben, das lokal ansässig ist und die täglichen Geschäfte führt.
  2. Strategische Flexibilität: Die Tochtergesellschaft kann eigene Geschäftsstrategien entwickeln und schnell auf lokale Marktbedingungen reagieren.
  3. Mitarbeiter: Die Tochtergesellschaft kann eigene Mitarbeiter einstellen und ist für deren Arbeitsverträge verantwortlich.
  4. Bankverbindungen: Die Tochtergesellschaft kann eigene Bankkonten führen und eigenständig Finanzierungen aufnehmen.

Niederlassung

  1. Management: Das Management der Niederlassung erfolgt oft in Abstimmung mit dem Mutterunternehmen, was die Entscheidungsprozesse verlangsamen kann.
  2. Strategische Ausrichtung: Die Niederlassung ist stärker an die zentralen Vorgaben des Mutterunternehmens gebunden, was die Anpassung an lokale Marktbedingungen erschweren kann.
  3. Mitarbeiter: Die Mitarbeiter der Niederlassung sind formal beim Mutterunternehmen angestellt.
  4. Bankverbindungen: Die Niederlassung nutzt in der Regel die Bankverbindungen des Mutterunternehmens.

7. Fazit und Empfehlungen

Die Entscheidung zwischen der Gründung einer Tochtergesellschaft und der Errichtung einer Niederlassung in Deutschland hängt von vielen Faktoren ab, darunter rechtliche, steuerliche und operative Überlegungen sowie die langfristigen Geschäftsziele des Unternehmens.

Tochtergesellschaft

  • Geeignet für: Unternehmen, die eine starke und unabhängige Präsenz in Deutschland aufbauen möchten und bereit sind, in die Gründung und den Betrieb einer eigenständigen juristischen Person zu investieren.
  • Vorteile: Rechtliche und operative Unabhängigkeit, eigene Haftung, höhere Marktakzeptanz.
  • Nachteile: Höhere Gründungskosten, strenge Buchführungs- und Berichterstattungspflichten.

Niederlassung

  • Geeignet für: Unternehmen, die eine weniger kostenintensive und flexibel kontrollierbare Expansion in Deutschland anstreben.
  • Vorteile: Einfachere und kostengünstigere Gründung, geringere Verwaltungskosten, direkte Kontrolle durch das Mutterunternehmen.
  • Nachteile: Unbeschränkte Haftung des Mutterunternehmens, geringere Marktakzeptanz, eingeschränkte Flexibilität.

Für eine fundierte Entscheidung ist es ratsam, eine detaillierte Analyse der spezifischen Anforderungen und Ziele Ihres Unternehmens durchzuführen. Unser Kanzlei steht Ihnen als Fachanwälte für Gesellschaftsrecht gerne zur Verfügung, um Sie bei der Wahl der richtigen Struktur für Ihre Expansion nach Deutschland zu beraten und den gesamten Gründungsprozess zu begleiten. Kontaktieren Sie uns, um eine individuelle Beratung zu vereinbaren.

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